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Förderverein ehemalige Synagoge Kitzingen am Main e. V.

Mittwoch 21. Mai 2003

"Vorübergehende Heimat im Land der Täter"
Buchvorstellung mit Film
Referent: Jim Tobias, Nürnberg
 
Mittwoch, 21. Mai 2003, 19:30 Uhr, Kitzingen, 
Alte Synagoge, Großer Saal. 
Der Eintritt zur Veranstaltung ist kostenfrei!

  


Hochzeitstafel


Jim G. Tobias
, Jahrgang 1953, lebt in Bayern. 

Mit der Medienwerkstatt Franken produzierte er zahlreiche TV-Dokumentationen zu den Themenbereichen Nationalsozialismus, Emigration und jüdische Geschichte nach 1945. Der Journalist und Filmemacher ist Mitarbeiter des Nürnberger Instituts für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts. Er ist Co-Autor von NAKAM - Jüdische Rache an NS-Tätern (Hamburg 2000) und schreibt u. a. für AUFBAU – The Transatlantic Jewish Paper sowie die Nürnberger Nachrichten.
 

Buchvorstellung: 
"Vorübergehende Heimat im Land der Täter"

Jüdische DP-Camps in Franken 1945-49
von Jim G. Tobias
- 30 Minuten -

In der unmittelbaren Nachkriegszeit lebten in Franken rund 16.000 jüdische Displaced Persons (DPs) und warteten auf eine Auswanderungsmöglichkeit nach Palästina oder Übersee. In den 28 Camps, darunter zwei Kinderlager und 18 landwirtschaftliche Kollektivfarmen, kam es zu einer Wiedergeburt des osteuropäischen Judentums.

Während die Juden in den Kibbuzim eine landwirtschaftliche Ausbildung erhielten, entstanden in den Camps geistige Zentren, in denen sich die jüdische Kultur zu einer neuen Blüte entwickelte. In den Bischofsstädten Bamberg und Eichstätt entstanden Jeshiwot (religiöse Hochschulen); die Überlebenden der Shoa etablierten eine jüdische Fussball-Liga im "Rayon Franken" und gründeten sogar eine eigene Zeitung.

Dieses Kapitel der fränkischen Nachkriegsgeschichte ist im öffentlichen Bewusstsein nahezu unbekannt. Auf der Grundlage langjähriger Forschungen in nationalen und internationalen Archiven, sowie Zeitzeugenbefragungen gelang es dem Autor, die Lebenssituation und -wirklichkeit der jüdischen DPs in Franken zu rekonstruieren.

Film: 
"Die vergessenen Kinder von Strüth"

Ein jüdisches Waisenhaus in Franken
- 30 Minuten -

Der Film wurde 2002 durch die Mittelfränkische Medienbetriebsgesellschaft im Bereich Fernsehen (Kategorie Recherche) mit dem lokalen Rundfunkpreis ausgezeichnet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg organisierten zionistische Gruppen von Osteuropa aus Kindertransporte nach Palästina. Auf ihrer Reise ins Gelobte Land strandeten im Frühjahr 1946 über 300 zumeist ungarische Waisenkinder in Mittelfranken. Die Jungen und Mädchen, die mit viel Glück den Holocaust überlebt hatten, fanden für knapp zwei Jahre Zuflucht in der ehemaligen Lungenheilanstalt Strüth bei Ansbach. Das fränkische Sanatorium verwandelte sich in das erste jüdische Kinderheim im besetzten Nachkriegsdeutschland.

Da zu diesem Zeitpunkt eine Emigration nach Palästina nicht möglich war, die englische Mandatsmacht verwehrte den Juden die Einreise, mussten die Kinder und Jugendlichen in Deutschland ausharren. Allerdings verließen immer wieder kleine Gruppen das Waisenhaus und versuchten illegal das Gelobte Land zu erreichen. Das Schicksal des Flüchtlingsschiffes Exodus machte im Sommer 1947 weltweit Schlagzeilen. Unter den Exodus Passagieren befanden sich auch etwa 50 Kinder aus Strüth. Vor der Küste Palästinas kaperten die Engländer das Schiff, transportierten die Holocaust-Überlebenden nach Deutschland zurück und sperrten sie in Internierungslagern ein.

Nach der Gründung Israels im Mai 1948 gelang es jedoch allen Strüther Waisenkindern sowie deren Betreuer in den neuen Staat zu übersiedeln.

Jim Tobias besuchte mit der Medienwerkstatt knapp ein Dutzend der ehemaligen Bewohner des Kinderheims in Israel. Vor laufender Kamera berichten die Zeitzeugen über ihren Aufenthalt in Franken und ihre abenteuerliche Reise nach Palästina. Auch Mordechaj Rossman, einer der Exodus-Kommandanten, kommt in der TV-Dokumentation zu Wort.


PRESSESTIMMEN zum Buch:

Jüdische Gemeinden oder Bauernschulen nach 1945 in Oberfranken? Es ist das große Verdienst des Nürnberger Journalisten Jim Tobias, darüber endlich etwas Fundiertes an die Öffentlichkeit gebracht zu haben. Für seine Dokumentation "Vorübergehende Heimat im Land der Täter" recherchierte er viele Jahre weltweit, herausgekommen ist ein Meisterwerk der Darstellung regionaler Zeitgeschichte. Bewundernswert ist vor allem seine Hartnäckigkeit, ehemalige Mitglieder der jüdischen Gemeinden in den USA oder in Israel ausfindig zu machen und sie zu interviewen. Zusammengefügt mit Unterlagen aus internationalen Archiven sowie vielen historischen Fotos ergibt sich ein klares Bild über die rund 16.000 jüdischen Displaced Persons, die zwischen 1945 und 1949 in Franken lebten und auf die Auswanderung nach Palästina oder Übersee warteten.
Peter Engelbrecht / Nordbayerischer Kurier / 21. August 2002

"Vorübergehende Heimat im Land der Täter" ist ein lesenswertes, wichtiges, glänzend recherchiertes Zeugnis Heimatgeschichte.
Claudia Schuller / Fürther Nachrichten / 19. September 2002

Fast alle Spuren, die an die fast 30 jüdischen DP-Lager und Kibbuzim erinnern könnten, sind verwischt. Und dennoch hat sich Jim G. Tobias in seinem Buch an dieses wenig erforsche Thema gewagt und einen exzellenten Überblick und Einblick in das wiedererwachende jüdische Leben in Deutschland geliefert. Der Neubeginn, der sich inmitten der deutschen Städte und Gemeinden abspielte, hat die Historiker lange nicht beschäftigt. Tobias schließt diese Lücke mit seiner detaillierten Beschreibung des Lager- und Kibbuzlebens. Seinen Hauptfokus richtet er auf Franken. Doch das Buch geht über den Wert einer rein regional-historischen Arbeit weit hinaus.
Hanna Huhtasaari / Aufbau No. 19 New York / September 19, 2002

Die Zeitgeschichte, mag sie manchmal wissenschaftlich so abgegrast erscheinen wie die afrikanische Savanne, hält immer noch unentdeckte Forschungsreservate bereit. Den Beweis dafür liefert der Nürnberger Journalist und Filmemacher Jim G. Tobias mit einer Studie über ein unbekanntes Kapitel jüdischer Nachkriegsgeschichte in Franken.
Sonntagsblatt - Evangelische Wochenzeitung für Bayern Nr. 50 / 15. Dezember 2002