Buchvorstellung:
"Vorübergehende Heimat im Land der Täter"
Jüdische
DP-Camps in Franken 1945-49
von Jim G. Tobias
- 30 Minuten -
In der unmittelbaren Nachkriegszeit lebten in Franken
rund 16.000 jüdische Displaced Persons (DPs) und
warteten auf eine Auswanderungsmöglichkeit nach
Palästina oder Übersee. In den 28 Camps, darunter zwei
Kinderlager und 18 landwirtschaftliche Kollektivfarmen,
kam es zu einer Wiedergeburt des osteuropäischen
Judentums.
Während die Juden in den Kibbuzim
eine landwirtschaftliche Ausbildung erhielten,
entstanden in den Camps geistige Zentren, in denen sich
die jüdische Kultur zu einer neuen Blüte entwickelte.
In den Bischofsstädten Bamberg und Eichstätt
entstanden Jeshiwot (religiöse Hochschulen); die
Überlebenden der Shoa etablierten eine jüdische
Fussball-Liga im "Rayon Franken" und
gründeten sogar eine eigene Zeitung.
Dieses Kapitel der fränkischen
Nachkriegsgeschichte ist im öffentlichen Bewusstsein
nahezu unbekannt. Auf der Grundlage langjähriger
Forschungen in nationalen und internationalen Archiven,
sowie Zeitzeugenbefragungen gelang es dem Autor, die
Lebenssituation und -wirklichkeit der jüdischen DPs in
Franken zu rekonstruieren.
Film:
"Die
vergessenen Kinder von Strüth"
Ein
jüdisches Waisenhaus in Franken
- 30 Minuten -
Der Film wurde 2002 durch die Mittelfränkische
Medienbetriebsgesellschaft im Bereich Fernsehen
(Kategorie Recherche) mit dem lokalen Rundfunkpreis
ausgezeichnet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg organisierten zionistische
Gruppen von Osteuropa aus Kindertransporte nach
Palästina. Auf ihrer Reise ins Gelobte Land strandeten
im Frühjahr 1946 über 300 zumeist ungarische
Waisenkinder in Mittelfranken. Die Jungen und Mädchen,
die mit viel Glück den Holocaust überlebt hatten,
fanden für knapp zwei Jahre Zuflucht in der ehemaligen
Lungenheilanstalt Strüth bei Ansbach. Das fränkische
Sanatorium verwandelte sich in das erste jüdische
Kinderheim im besetzten Nachkriegsdeutschland.
Da zu diesem Zeitpunkt eine Emigration nach Palästina
nicht möglich war, die englische Mandatsmacht verwehrte
den Juden die Einreise, mussten die Kinder und
Jugendlichen in Deutschland ausharren. Allerdings verließen
immer wieder kleine Gruppen das Waisenhaus und
versuchten illegal das Gelobte Land zu erreichen. Das
Schicksal des Flüchtlingsschiffes Exodus machte im
Sommer 1947 weltweit Schlagzeilen. Unter den Exodus
Passagieren befanden sich auch etwa 50 Kinder aus
Strüth. Vor der Küste Palästinas kaperten die
Engländer das Schiff, transportierten die
Holocaust-Überlebenden nach Deutschland zurück und
sperrten sie in Internierungslagern ein.
Nach der Gründung Israels im Mai 1948 gelang es jedoch
allen Strüther Waisenkindern sowie deren Betreuer in
den neuen Staat zu übersiedeln.
Jim Tobias besuchte mit der Medienwerkstatt knapp ein
Dutzend der ehemaligen Bewohner des Kinderheims in
Israel. Vor laufender Kamera berichten die Zeitzeugen
über ihren Aufenthalt in Franken und ihre
abenteuerliche Reise nach Palästina. Auch Mordechaj
Rossman, einer der Exodus-Kommandanten, kommt in der
TV-Dokumentation zu Wort.
PRESSESTIMMEN
zum Buch:
Jüdische
Gemeinden oder Bauernschulen nach 1945 in Oberfranken?
Es ist das große Verdienst des Nürnberger Journalisten
Jim Tobias, darüber endlich etwas Fundiertes an die
Öffentlichkeit gebracht zu haben. Für seine
Dokumentation "Vorübergehende Heimat im Land der
Täter" recherchierte er viele Jahre weltweit,
herausgekommen ist ein Meisterwerk der Darstellung
regionaler Zeitgeschichte. Bewundernswert ist vor allem
seine Hartnäckigkeit, ehemalige Mitglieder der
jüdischen Gemeinden in den USA oder in Israel ausfindig
zu machen und sie zu interviewen. Zusammengefügt mit
Unterlagen aus internationalen Archiven sowie vielen
historischen Fotos ergibt sich ein klares Bild über die
rund 16.000 jüdischen Displaced Persons, die zwischen
1945 und 1949 in Franken lebten und auf die Auswanderung
nach Palästina oder Übersee warteten.
Peter Engelbrecht / Nordbayerischer Kurier / 21.
August 2002
"Vorübergehende Heimat im Land
der Täter" ist ein lesenswertes, wichtiges,
glänzend recherchiertes Zeugnis Heimatgeschichte.
Claudia Schuller / Fürther Nachrichten / 19.
September 2002
Fast alle Spuren, die an die fast 30
jüdischen DP-Lager und Kibbuzim erinnern könnten, sind
verwischt. Und dennoch hat sich Jim G. Tobias in seinem
Buch an dieses wenig erforsche Thema gewagt und einen
exzellenten Überblick und Einblick in das
wiedererwachende jüdische Leben in Deutschland
geliefert. Der Neubeginn, der sich inmitten der
deutschen Städte und Gemeinden abspielte, hat die
Historiker lange nicht beschäftigt. Tobias schließt
diese Lücke mit seiner detaillierten Beschreibung des
Lager- und Kibbuzlebens. Seinen Hauptfokus richtet er
auf Franken. Doch das Buch geht über den Wert einer
rein regional-historischen Arbeit weit hinaus.
Hanna Huhtasaari / Aufbau No. 19 New York /
September 19, 2002
Die Zeitgeschichte, mag sie manchmal
wissenschaftlich so abgegrast erscheinen wie die
afrikanische Savanne, hält immer noch unentdeckte
Forschungsreservate bereit. Den Beweis dafür liefert
der Nürnberger Journalist und Filmemacher Jim G. Tobias
mit einer Studie über ein unbekanntes Kapitel
jüdischer Nachkriegsgeschichte in Franken.
Sonntagsblatt - Evangelische Wochenzeitung für
Bayern Nr. 50 / 15. Dezember 2002
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