„Wissen
die Leute, wo sie gehen? Die
Czernowitzer Dichterin Selma Meerbaum-Eisinger, ist heute unbekannt. Nur
54 Gedichte sind von ihr überliefert, die sie geschrieben hat, bevor
sie im Lager Michailowska im Alter von 18 Jahren starb. Jutta Czurda zu
ihrem Projekt: „Ein Gedicht
ist ein Resonanzraum für meine Gedanken und Gefühle. Es ist die
Identifikation mit einem jungen Mädchen, das das Leben noch vor sich
hat. Selma kam aus einem relativ armen Elternhaus, nicht aus dem
assimilierten jüdischen Großbürgertum. Sie ist im „Kosmos“
Czernowitz aufgewachsen, wo die Liebe zur Literatur stark war. Ich
denke, dass die Gedichte entstanden sind aus Einsamkeit und aus dem
Wunsch, sich auch in der Einsamkeit mitzuteilen. In der
Zwischenzeit hat sich die Geschichte dazwischengeschoben, und wir
wissen, was gewesen ist. Das heißt, ich lese die Gedichte heute vor dem
Hintergrund ihrer ganz persönlichen Biographie und vor dem Hintergrund
der tragischen Geschichte. Einer meiner ersten Gedanken war: Das darf
nichts Rückwärtsgewandtes werden. Das hieß für mich: Ich will nach
Czernowitz, möchte dort die Realität vergleichen mit unseren
Vorstellungen von der „Versunkenen Welt“. Fred Apkes Text und Regie,
Heinrich Hartls Kompositionen, Michael Aues Filmprojektionen - alle
Mittel zielen darauf ab, Selmas Gedichte aus der Stummheit und aus den
Buchdeckeln heraus für einen Moment zu befreien, zum Singen zu bringen.
In dieser
Erinnerung gibt es für mich auch die Verbindung Czernowitz - Fürth.
Czernowitz ist mal genannt worden: „Das Jerusalem am Pruth“ - so heißt
der Fluss dort. Und Fürth ist das „Fränkische Jerusalem“ genannt
worden. Und hier wie dort stellt sich die Frage: Wissen die Leute, wo
sie gehen?“ aus: |